Keine
Pille und kein Patentrezept
Von Stephan Hübner
Königsfeld.
Eindrücklich und berührend war die Lesung von Marie van Klant.
Die Autorin stellte in der Cafébar "il tempo" ihr Buch mit dem
Titel "Die Angst ist ein Arschloch" vor. Es handle sich um kein
wissenschaftliches, sondern das Buch einer Betroffenen, so van
Klant. Sie wolle den Leser an die Hand nehmen bei dem Versuch,
Angst besser zu verstehen. Versprechen könne sie aber nichts.
Es gebe keine Pille und kein Patentrezept gegen Angst. Aber
wenn der Leser wisse, dass er nicht allein sei, werde er vielleicht
stärker. Die Angst habe sie zerfressen und unterwürfig gemacht.
"Sie ließ mich betteln. Was für ein erbärmliches Leben". Aber
Angst habe wunde Punkte. Man könne lernen, ihr den Wind aus
den Segeln zu nehmen. Scheidung der Eltern brennt "tiefes, schwarzes
Loch in Herz und Seele" Einer der Punkte auf ihrem Weg zu Angstattacken
war die Scheidung der Eltern, als sie 15 Jahre alt war. Sie
habe "ein tiefes, schwarzes Loch in Herz und Seele gebrannt".
Ein anderer war der Tod ihrer Mutter, mitten in den Vorbereitungen
zu ihrem Schulabschluss. Von jetzt auf gleich habe sie erwachsen
werden müssen. Mit 17 Jahren bekam sie die erste Panikattacke
mit Symptomen wie Schwindel, Sehstörungen und Atemnot. "Ich
dachte, jetzt würde ich sterben", so van Klant. Irgendwann stellte
sich der Verdacht auf Herzinfarkt ein. Zum Arzt wollte sie nicht.
Sie schämte sich vor sich selbst. Die Angst breitete sich immer
mehr aus. Selbst das Herzklopfen nach dem Trinken einer Tasse
Kaffee brachte sie an den Rand der Panik. Trotzdem galt es,
immer die Fassade zu wahren. Dramatisch klang ein Auszug aus
Van Klants’ Buch, in dem sie von einer Panikattacke berichtete.
In Bruchteilen von Sekunden war ihr Körper in Alarmbereitschaft.
"Ich war kein Mensch mehr, sondern eine erbärmliche Kreatur".
Auch von ihrer ersten Therapiestunde berichtete van Klant und
ihrer Befürchtung "ein Fall für die Klapse" zu sein. Heute biete
sie der Angst der Stirn, so van Klant, die eine Zeitlang in
der Baar-Klinik in Königsfeld behandelt wurde. Sie habe gelernt,
"Dinge wegzuwerfen, die nicht gut tun", auch Freundschaften.
"Ich bin ich und möchte mich nicht verstellen müssen". Den Zuhörern
gab sie den Ratschlag, sich Zeit für sich zu nehmen. Verdrängung
werde nicht helfen. "Verarbeite unbedingt und immer wieder."
Ein weiterer Rat lautete "Tu Dinge, die dir Angst machen." Trotz
Träumen die kleinen, feinen Dinge nicht außer Acht lassen Man
sollte den Augenblick genießen. "Im Endeffekt liegt es an uns",
so van Klant. "Wir können niemanden verantwortlich machen für
die Fehler, die wir selbst verbockt haben. Sehe und höre in
dich hinein. Du musst bereit sein für Veränderungen", meinte
die Autorin. Jeder müsse für sich den richtigen Weg suchen.
Ihre Erwartungen an das Glück habe sie drastisch reduziert.
Jeder habe das Recht zu träumen, solle dabei aber die kleinen,
feinen Dinge nicht außer Acht lassen. "Wir sind stärker, als
wir denken" machte sie Mut. "Freue dich auf dein zukünftiges
Leben."
Weitere Informationen: www.marievanklant.de
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Marie
van Klant las aus ihrem Buch, das sich aus
Sicht einer Betroffenen um Angst dreht.
Foto: Hübner Foto: Schwarzwälder-Bote
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